Muskeltraining ist viel mehr als nur das Rackern für ein Schönheitsideal. Ohne Muskelhormone, die Myokine, gibt es faktisch kein effizient funktionierendes Immunsystem. Schon zweimal innerhalb von 10 Tagen richtig dosiertes Muskeltraining reicht aus, um die Anzahl der natürlichen Killerzellen in unserem Körper um ein Vielfaches zu erhöhen und uns somit vor Erkrankungen wirksam zu schützen. Darüber hinaus können wir durch Muskellängen- und Beweglichkeitstraining chronische Entzündungen im Bewegungsapparat (z.B. bei Arthrose oder Rheuma) nachhaltig reduzieren. Somit können wir unserem Immunsystem wieder Kapazitäten frei geben, damit es uns effektiver gegen gefährliche Krankheitserreger (z.B. Viren) und andere negative Umwelteinflüsse schützen kann. Viren und Bakterien haben deshalb viel weniger Chance, den Organismus anzugreifen und zu schwächen. In über 80 wissenschaftlichen Studien wird diese stärkende Wirkung auf unsere Immunsystem bestätigt.
Was sind Myokine?
Myokine – die Immunpolizei unseres Körpers
Lange Zeit war unbekannt, dass es Myokine gibt. Und noch länger war unbekannt, wie wichtig sie für unser Immunsystem sind. In der folgenden Darstellung nehmen wir einmal an, unser Gesundheitszustand wäre so etwas, wie die „Öffentliche Ordnung“, die es zu erhalten oder wiederzuerlangen gilt. Myokine sind hormonähnliche Botenstoffe, die für die Kommunikation innerhalb unseres gesamten Stoffwechsels und zwischen den Organen zuständig sind. Sinnbildlich gesprochen sind sie so etwas wie die Organisationszentrale und der Wegweiser für unseren gesamten Organismus und für unser Immunsystem. Myokine kann man sich also als Polizeiwache vorstellen, die die öffentliche Ordnung herstellen möchte. Myokine geben den Zellen wichtige Informationen, regen sie zu spezifischen Aktivitäten und Wachstum an und leiten unsere Abwehrzellen, unsere „Immunpolizisten“ (z.B. T-Lymphozyten, NK-Zellen, etc.), in die körperlichen „Krisengebiete“.
Viele Menschen müssen ständig „Konflikte“ in solchen Krisengebieten austragen, wie z.B. bei Arthrose, Rheuma, chronischen Darmentzündungen, Diabetes, zu viel inneres Bauchfett (Viszeralfett), Hashimoto, Allergien, Paradonthose und vielen mehr. Hierbei nehmen die Myokine eine elementar wichtige Rolle ein und haben eine Vielzahl an wichtigen Funktionen.
Welche Funktionen haben Myokine also konkret? Myokine:
– senken den Blutdruck
– regulieren den Zuckerstoffwechsel
– aktivieren die Leberfunktion
– aktivieren den Fettstoffwechsel
– regen Reparaturvorgänge im Gehirn an
– stellen neue Nervenverbindungen her
– helfen bei der Entstehung neuer Mitochondrien (Zellkraftwerke)
– wirken stark anti-entzündlich
Key Facts:
1. Bei einem gesundheitsorientierten Muskeltraining werden Myokine (Muskelhormone) ausgeschüttet.
2. Myokine (Muskelhormone) regulieren eine Vielzahl von Stoffwechselprozessen in unserem Körper.
3. Myokine regen unser Immunsystem zu einer Vermehrung unserer Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) an.
4. Unsere NK-Zellen zerstören körperfremde Zellen, wie z.B. eine Tumorzelle oder auch eine mit Viren befallene Zelle.
5.Trainingswirksame Wachstumsreize verstärken die Produktion von Myokinen.
6. Die Myokinausschüttung beim Muskeltraining stärkt unsere Abwehrkräfte und schützt uns wirksam gegen Erkrankungen.
7. Ohne richtig dosierte Wachstumsreize durch ein zielgerichtetes Muskeltraining funktioniert unser Immunsystem nicht.
8. Muskellängentraining (Flexx), gesunde Ernährung und Regeneration reduzieren Entzündungsherde im Körper und schonen somit die Kapazitäten des Immunsystems
Wie können wir mehr Myokine ausschütten?
Muskeltraining – die „Police Academy“ unseres Körpers
Ein gezieltes Muskeltraining mit einem richtig dosiertem Wachstumsreiz führt zu einer verstärkten Ausschüttung von Myokinen in unseren Kreislauf. Unser Körper hat nun also mehr Polizeiwachen zur Verfügung. Die Myokine regen unser Immunsystem zu einer Vermehrung von T-Lymphozyten an, wodurch dann mehr Polizisten in die „Krisengebiete“ geschickt werden können, um chronische „Konflikte“ bzw. Erkrankungen zu bekämpfen. In besonders schweren Fällen kommt die „Spezialeinheit“ zum Einsatz – die Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen). Die NK-Zellen zerstören körperfremde Zellen, wie z.B. eine Tumorzelle oder auch eine mit Viren befallene Zelle, durch einen programmierten Zelltod (Apoptose).
Muskeltraining ist für das Immunsystem also sehr wichtig, allerdings führen vor allem die überschwelligen Reize, also Belastungsreize, die über unsere Alltagsbelastungen weit hinausgehen, zu einer verstärkten Produktion von Myokinen und damit zu einer Stärkung unseres Immunsystems. Die richtige Trainingsdosierung (Intensität, Umfang und Methodik) und eine ausreichende Regeneration sind hierbei von entscheidender Bedeutung. Erst wenn aus Bewegung ein geplanter Prozess, also ein Training wird, werden genügend Myokine ausgeschüttet, um uns wirksam vor Erkrankungen zu schützen und uns bei der Genesung von bestehenden Erkrankungen zu helfen. Daher reichen Bewegung im Allgemeinen, Gartenarbeit, körperliche Aktivität bei der Arbeit oder gleichbleibende Belastungen beim Ausdauertraining nicht aus.
Mit welchen weiteren Maßnahmen können wir unsere Gesundheit aktiv fördern?
Körperpflege – Die Regierung unseres Organismus
Zur Körperpflege gehören neben dem täglichen Zähneputzen und dem Duschen noch viel mehr: eine gesunde Ernährung, die Versorgung mit wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen, ausreichend Regeneration und guter Schlaf, Herzkreislauftraining, Muskelkräftigung UND ein Muskellängen- und Beweglichkeitstraining. Besonders das Training der Muskulatur in die Länge (Flexx Training) führt dazu, dass unser Stoffwechsel richtig funktionieren und unser Immunsystem effektiv arbeiten kann. Beispielsweise bewirkt ein aktives Längentraining der Atem- und Atemhilfsmuskulatur auch eine gesteigerte Ausschüttung der Myokine im Bereich der Lunge und führt damit zu einer erhöhten Produktion der Lungenbläschen. Dies wirkt wie ein Booster für unser Immunsystem.
Durch die einseitigen Belastungen und Fehlhaltungen des Alltags (z.B. langes Sitzen), durch körperliche Überlastungen ( z.B. bei körperlich harter Arbeit oder bei zu intensivem Training), aber auch bei lang anhaltenden gleichbleibenden Belastungen (z.B. beim Fahrradfahren) verkürzen und verhärten unsere Muskeln, Sehnen und Bänder; unser Bindegewebe und unsere Faszien verfilzen, werden porös und steif; unser Lymphfluss und die Durchblutung sind gestört, Abbau-, Gift- und Schadstoffe werden schlechter abtransportiert, die Nervenreizleitung, unsere Atmung und unsere Lungenfunktion sind eingeschränkt. All das führt dazu, dass wir schlechter regenerieren, weniger leistungsfähig und stärker gereizt sind und uns unwohl fühlen.
Gleichzeitig führt die Degeneration der Muskeln und des Bindegewebes dazu, dass Verletzungen und chronische Schäden in den Gelenken oder an der Wirbelsäule auftreten (Kniearthrose, Impingement-Syndrom in der Schulter, chronische Rückenschmerzen). Dies führt oftmals zu Entzündungsreaktionen und Schmerzen. In diesem Fall ist unsere Immunpolizei dauerhaft damit beschäftigt, sich um die vielen chronischen „Brandherde“ zu kümmern. Kommt es dann z.B. durch einen Virus zu einer schwerwiegenden Erkrankung, reichen die Immunkapazitäten oftmals nicht aus, um sich effektiv zu schützen. Dieser Effekt tritt nicht nur bei orthopädischen Erkrankungen auf, sondern auch bei vielen Stoffwechselerkrankungen. So schwächt beispielsweise eine chronische Darmentzündung unser Immunsystem so sehr, dass wir deutlich anfälliger für Erkältungskrankheiten oder virale Infekte sind.
Vor diesem Hintergrund sind eine umfassende Körperpflege bzw. ein gezieltes Muskeltraining für unser Immunsystem von zentraler Bedeutung. Ein regelmäßiges Flexx-Training führt also nicht nur zu einer Verbesserung der Beweglichkeit und Verringerung der Verletzungsanfälligkeit, sondern stärkt unser Immunsystem, schützt uns vor Krankheiten und verbessert unseren gesamten Gesundheitszustand.
Daher unsere Praxistipps:
– trainiere deine Muskeln mindestens 2 mal in 10 Tagen mit einer Intensität, die deutlich über die deiner Alltagsbelastung hinaus geht, dich aber nicht überlastet. Die richtige Dosierung ist elementar wichtig.
– Beschäftige dich mit einer gesunden Ernährung und gib deinem Körper die Vitalstoffe, die er braucht.
– Mach all das, was du sonst normalerweise nicht tust (z.B. Hocksprünge, Burpees, Sprinten, Springen), verlasse deine Komfortzone (Spazieren gehen reicht nicht aus)
– Lang andauernde Belastungen wie Radfahren und Jogging sind gut für die Sauerstoffaufnahme, überdosiert oder an der falschen Stelle eingesetzt können sie Fehlhaltungen, Schmerzen und Entzündungen verstärken.
– Psychohygiene: pflege soziale Kontakte über Video- oder Telefon, nutze positive Affirmationen, Meditation und Entspannungstraining, überdenke deine Schlafhygiene
Unabhängig vom Lebensalter und gerade bei Krankheiten, Verletzungen und Schäden ist es entscheidend für eure Lebensqualität und euer Immunsystem, dass ihr trainiert. Das Training abzubrechen oder erst gar nicht anzufangen führt in eine Abwärtsspirale. Daher meine Empfehlung: Holt euch Unterstützung von Experten – trainiert eure Muskeln und euer Bindegewebe und haltet euch beweglich! Gerne sind wir für euch da, um euer Training und eure Ernährung zu steuern und somit euer Immunsystem und eure Gesundheit zu schützen!
Autor: Dr. Alexander Arendt (Sportwissenschaftler), Inhaber und Geschäftsführer Sportpark Elz